Mutter Gottes hilf! - Maria Kirchental - Ort des Segens und der Heilung
- Kirchentaler-Berggeist
- 23. Juni
- 3 Min. Lesezeit
Ein Liebes- und Lebensroman aus dem späten 18. Jahrhundert – und seine Fortsetzung
(Im vorherigen Teil wurde die Liebesgeschichte von Jakob Lechner und Anna-Maria von Prechtl erzählt, die allen Widerständen trotzte. Ihre Hochzeit im Sommer 1792 in der Wallfahrtskirche Maria Kirchental vereinte zwei Welten – den Pinzgau und den Chiemgau – in einem Bund, der bis heute gefeiert wird.)
Nach ihrer Hochzeit bezogen Jakob und Anna-Maria ein schlichtes, aber warmes Haus in Lofer. Jakob eröffnete eine eigene Werkstatt und fertigte mit viel Hingabe kunstvolle Schreinerarbeiten, die bis in die Stadt Salzburg bestellt wurden. Anna-Maria fand Erfüllung in der Familie, im Garten, in der Pflege des Hauses – und in der Liebe, die sie gemeinsam weitertrugen wie ein Licht durch die Zeiten.
Sie bekamen zwei Kinder: Johann und Elisabeth. Beide wuchsen kräftig heran, spielten im Schatten der Almhütten, trugen Blumen zur Maiandacht und verbrachten viele Sonntage mit der Familie in Maria Kirchental. Das Leben schien ihnen wohlgesinnt.
Im Frühsommer 1798 kündigte sich das dritte Kind an. Eine ruhige Zeit brach an, voller Hoffnung, voller Gebete. Doch als Magdalena geboren wurde, herrschte zunächst nur Stille. Das Mädchen schrie kaum, bewegte sich wenig, und ihr Blick blieb leer. Erst Wochen später wurde klar: Das Kind war blind.
Der Schock war groß. Jakob versuchte, Stärke zu zeigen, doch Anna-Maria zerbrach beinahe an der Schuld und Ohnmacht. In ihrer Not begann sie, jeden Mittwoch frühmorgens nach Maria Kirchental zu pilgern. In Wind und Regen, bei Sonne und Schnee, stieg sie mit stillen Tränen und einem einzigen Wunsch zur Kirche hinauf: "Maria, Mutter der Gnade – öffne ihrem Kind die Augen."

Wochen vergingen. Monate. Magdalena wuchs heran, lachte manchmal, aber starrte stets ins Leere. Und doch: Inmitten dieser Dunkelheit wuchs auch ein Licht. Die Liebe der Geschwister zu Magdalena war bedingungslos. Johann spielte Flöte für sie, Elisabeth führte sie an der Hand durch den Garten. Und jeden Mittwoch legte Anna-Maria eine Kerze vor das Marienbild.
Eines Nachts, im Sommer 1800, erwachte Anna-Maria aus einem Traum. Darin hatte ihr eine weiße Frau mit sanftem Blick zugesprochen: "Hab Vertrauen. Deine Tränen sind nicht umsonst."
Am Morgen des 15. Augusts – dem Fest Mariä Himmelfahrt – stand Magdalena plötzlich in der Tür der Schlafkammer. Sie blickte zu ihrer Mutter. Dann sagte sie mit leiser Stimme: „Mama, dein Haar ist wie Licht.“
Stille. Dann ein Aufschrei. Jakob stürzte herbei. Anna-Maria kniete weinend zu Boden. Magdalena blinzelte gegen die Sonne, streckte die Arme aus – und erkannte die Gesichter ihrer Familie zum ersten Mal.

Das Wunder sprach sich bald im ganzen Land herum. Eine eigene Andacht wurde zu Ehren der Gottesmutter gestiftet. Und Jahr für Jahr pilgerte die Familie – nun zu fünft – zum Kirchental hinauf. Magdalena trug stets Blumen im Arm. Die Glocken, die einst nur aus der Ferne erklangen, gehörten nun zu ihrer Welt.
In den Jahren nach Magdalenas Heilung war das Leben der Familie Lechner von tiefer Dankbarkeit und feierlicher Innigkeit geprägt. Der liturgische Jahreskreis wurde zum festen Rhythmus ihres Lebens: Die heilige Taufe der kleinen Cousins und Cousinen, die erste Kommunion von Johann und Elisabeth, das festliche Patrozinium mit der ganzen Gemeinde, die Firmung in festlicher Prozession – all das verband sich stets mit einem Besuch in Maria Kirchental.
Der festlich geschmückte Gasthof wurde dabei zum Ort der Freude und des Miteinanders. Nach der Messe wurden lange Tafeln im Garten aufgestellt, Lieder gesungen, Bergkäse aufgeschnitten, Bierfässer angezapft. Es wurde getanzt, gespielt und gelacht. Auch andere Familien begannen, ihre Lebensfeste hier zu feiern, und oft war es Anna-Maria, die ihnen von Hoffnung und Wundern erzählte.
Magdalena wuchs zu einem stillen, tief fühlenden Mädchen heran. Ihre Augen leuchteten, wenn sie zur Marienstatue aufblickte. Immer öfter blieb sie nach der Messe in der Kirche sitzen, zündete Kerzen für andere Pilger an und hörte deren Geschichten.
Und so vergingen die Jahre. Die Liebe zwischen Jakob und Anna-Maria blieb unverändert. Ihre Familie blühte im Glauben, in der Gemeinschaft – und im stetigen Band zu Maria Kirchental.
Fortsetzung folgt...
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